Grüne Gentechnik
Multifunktionalität und Ernährungssouveränität als Konfliktfeld: Das Beispiel der Grünen Gentechnik
Prof. Florian Dünckmann
Die Frage, ob der Anbau von gentechnisch veränderten Organismen freigegeben, beschränkt oder vollständig verboten werden soll, wird momentan in Deutschland und der Europäischen Union intensiv diskutiert. Abgesehen von der Tatsache, dass ein solcher landwirtschaftlicher Anbau zwangsläufig in Ländlichen Räumen stattfinden wird, hat die Gentechnik-Frage weitreichende Implikationen für die zukünftige Ausrichtung Ländlicher Entwicklung.
Neben der Bewertung der möglichen ökologischen Folgen stellt sich u.a. auch das Problem der räumlichen Koexistenz von Betrieben, die mit Gentechnik arbeiten, mit solchen, die bewusst gentechnikfrei wirtschaften wollen. Es soll den unterschiedlichen geographischen Dimensionen dieses Konfliktfeldes nachgegangen werden. Daneben werden die Argumentationsmuster und (geo)politischen Strategien der beteiligten Akteure (z.B. Ausrufung „Gentechnikfreier Regionen“) beleuchtet.
Auf der einen Seite steht die produktivistische Auffassung von Landwirtschaft. Auf der anderen Seite stehen Konzepte wie Multi-funktionalität oder Ernährungssouveränität.
(Foto: Gunnar Maus)
Insgesamt lässt sich die Debatte um die Grüne Gentechnik auf die Polarität zwischen zwei Grundlogiken der Landwirtschaft zurückführen: Auf der einen Seite steht die produktivistische Auffassung von Landwirtschaft, die vor allem nach Produktivitäts- und Effektivitätskriterien arbeitet. Auf der anderen Seite stehen Konzepte wie Multifunktionalität oder Ernährungs-souveränität, die der Landwirtschaft eine Sonderstellung gegenüber anderen Wirtschaftszweigen einräumen, zum einen weil sie eine Vielzahl von nicht-marktgebundenen Funktionen erfüllt (ökologisch, sozial, kulturell) und zum anderen weil Gruppen das Recht eingeräumt werden sollte, über die Herstellung und die Verteilung von Nahrungsmitteln souverän selber zu entscheiden.